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NEIN zu Versicherungsspionen - Jungpolitiker bietet Versicherungskonzernen die Stirn

Fragwürdige "Glanzleistung" der Versicherungs-Lobbysten

"Als wäre der Teufel hinter ihnen her" titelte der Tagesanzeiger. Das Parlament bereinigte das Sozialdetektive-Gesetz in nur einer Woche. Wider aller parlamentarischen Gepflogenheiten und eine bedenkliche "Glanzleistung" der Versicherungs-Lobbysten. 

Das Gesetz geht zurück auf den Oktober 2016. Damals befand der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, es fehle in der Schweiz die gesetzliche Grundlage für Sozialdetektive. Daraufhin stellten die Versicherten ihre Observationen ein. Die Nationalräte Lorenz Hess (BDP), Ruth Humbel (CVP) und Ständerat Josef Dittli (FDP) drängten auf eine schnelle Lösung. Den Versicherern würden durch den Missbrauch Millionen entgehen. Alle drei haben Mandate bei Versicherungen, die direkt vom Gesetz profitieren.

Jungpolitiker bietet den Versicherungskonzernen die Stirn

Als keine Partei (wohl aus wahltechnischen Gründen) gegen Sozialdetektive vorgehen wollte, übernahm dies der Jungpolitiker und SP-Gemeinderat Dimitri Rougy. Er selbst bezeichnet sich als "politisches Baby", hat aber mit seinen 20 Jahren neben seinem Studium der Kulturwissenschaften als selbständiger Campaigner viele bekannte Aktionen geplant und durchgeführt. Auf Twitter tauschte er sich mit der Autorin Sibylle Berg aus, er telefonierte mit dem Anwalt Philip Stolkin (dessen Beschwerde in Strassburg den Stein ins Rollen brachte) und schuf eine bemerkenswerte Kampagne. 

Vergangene Woche nahm ich am Meet-up von versicherungsspione-nein.ch teil. Dimitri führte mit viel Elan und Fachwissen durch die Präsentation. Die Kampagne ist wahrlich der Kampf von David gegen Goliath; ein kleines Kampagnen-Budget gegen die Millionen der Versicherungskonzerne. Aber ich bin überzeugt, dass einerseits die Argumente, aber auch die äusserst kreative Kampagne zum Erfolg führen werden. "Nach dem Zögern folgt der Zaster" schrieb die Boulvardzeitung Blick über das zögerliche Verhalten der SP. Mittlerweile stehen einige Parteien und Organisationen hinter Dimitri und seiner Kampagne. Am Meet-up nahmen denn auch die unterschiedlichsten Menschen teil. Jurist_innen, Psychiater_innen, Vertreter_innen aus dem Gesundheitswesen, politisch interessierte Menschen.... wohl kein Vertreter der Versicherungskonzerne:=) 

Die Überwachung und Spionage betrifft jeden!

Dies sind die drei Hauptargumente des Referendumskomitees:

 

NEIN ZU MASSLOSER ÜBERWACHUNG

Das neue Gesetz weitet die Überwachung auf Krankenkassen, die AHV, die Arbeitslosenversicherung und die Ergänzungsleistungen (EL) aus. Jeder von uns kann damit überwacht werden. Neu auch in unseren eigenen vier Wänden. Das geht viel weiter als bisher und ist eine massive Verletzung der Privatsphäre von jeder und jedem von uns!

 

NEIN ZU WILLKÜR

Sozialversicherungsbetrug ist zu Recht strafbar. Die Polizei und die Justiz haben die Kompetenz und die Instrumente, um Missbrauch strafrechtlich zu verfolgen. Versicherungen können neu Überwachungen nach Gutdünken einleiten, ohne dass sie dabei kontrolliert werden. Kein Richter entscheidet über den schweren Eingriff in die Privatsphäre.

 

NEIN ZU VERSICHERUNGSFICHEN

Krankenkassen und Versicherungen verlangen vom Stimmvolk einen Blankoscheck für die Überwachung von uns Versicherten. Mit einem Nein zu diesem Gesetz fordern wir klare rechtsstaatliche Regeln für die Missbrauchsbekämpfung, die auch das Grundrecht auf Privatsphäre von uns versicherten Bürgerinnen und Bürgern schützen.

Bei uns hat sich ein Mechanismus des Misstrauens festgesetzt, warnt Strafrechtsprofessor Markus Schefer

Der Basler Staatsrechtsprofessor Markus Schefer kritisiert die gesetzliche Grundlage zur Überwachung von Sozialversicherten deutlich. Das Parlament habe sich von Stereotypen leiten lassen und stelle die Rechtsgleichheit infrage. 

 

In Art. 43a Observation steht denn: Der Versicherungsträger kann eine versicherte Person verdeckt observieren und dabei Bild- und Tonaufzeichnungen machen und technische Instrumente zur Standortbestimmung einsetzen wenn:

  • a. aufgrund konkreter Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass die versicherte Person unrechtmässige Leistungen bezieht oder zu erhalten versucht; und
  • b. die Abklärungen sonst aussichtlos wären oder unverhältnismässig erschwert würden.

Das Gesetz gibt den Versicherungen also einen "Blankoscheck" zur Observation; ohne richterliche Anordnung. Das Gesetz lässt den Versicherungen also freie Hand. Für die Anordnung der Observation ist eine Person mit Direktionsfunktion im fallbearbeitenden Bereich oder im Bereich Leistungen des Versicherungsträgers zuständig.

Noch eine Fichenaffäre?

Zu welcher Sammelwut eine nicht kontrollierte und willkürliche Überwachung führen kann, hat die Schnüffelaffäre in den 80er-Jahren gezeigt. Sozialversicherungsbetrug ist zu Recht strafbar. Aber es ist m.E. Sache der Polizei und Justiz, bei solchen Fällen zu ermitteln. Rechtsstaatlichkeit muss auch in diesen Fällen gewährleistet sein. Die SVP Schweiz schreibt auf ihrer Homepage: Es gilt dem asozialen Versicherungsbetrug einen Riegel zu schieben. Deshalb beschlossen die Delegierten der SVP Schweiz am 23. Juni 2018 die Ja-Parole. Der SVP stimme ich selbstverständlich bei, dass dem Versicherungsbetrug der Riegel vorzuschieben ist. Aber Generalverdacht, willkürliche Observation und fehlende Rechtsstaatlichkeit gilt es zu verhindern! 

 

Am 25. November 2018 NEIN zu den Änderungen vom 16. März 2018 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) (Gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten) (BBl 2018 1491).

Informationen:

Einige lesenswerte Artikel und weitere Informationen zu der Thematik:

 

offizielle Homepage des Referendumskomitees:

 

http://www.versicherungsspione-nein.ch/de

 

Lass dich von Patrick Frey überwachen (eindrücklicher Spot!)

 

https://lass-dich-ueberwachen.ch/

 

Piratenpartei:

 

https://www.piratenpartei.ch/2018/04/05/piratenpartei-unterstuetzt-referendum-gegen-ueberwachung-atsg/

 

Änderungen Gesetzesartikel vom 16. März 2018:

 

https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2018/1491.pdf

 

WOZ Artikel über das Kampagnen-Trio:

 

https://www.woz.ch/1813/versicherungsspione/die-empoerung-an-der-basis-ist-riesig

 

Interview mit Strafrechtsprofessor Markus Schefer:

 

https://www.woz.ch/-89d7

 

Blick-Artikel:

 

https://www.blick.ch/news/politik/sp-mit-50000-franken-gegen-versicherungsspione-auf-das-zoegern-folgt-der-zaster-id8604064.html

 

WOZ Artikel über Dimitri Rougy:

 

https://www.woz.ch/-8a0b

 

Tagesanzeiger-Artikel:

 

https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Als-waere-der-Teufel-hinter-ihnen-her/story/21970535

 

Artikel in der Aargauer Zeitung:

 

https://www.aargauerzeitung.ch/kommentare-aaz/nur-mut-warum-das-referendum-gegen-die-versicherungsspione-richtig-ist-132394782