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Überwachungsstaat Schweiz?

Bis in die 80er wurden in der Schweiz von den Staatsschützern als "subversiv" geltende Bürgerinnen und Bürger überwacht. Dazu gehörten ausländische Anarchisten, Schweizer Sozialisten, Gewerkschafter, Kulturschaffende, Linke, Alternative, Grüne, Angehörige der Friedensbewegung, Atomkraftgegner*innen, Frauenrechtlerinnen, Dritte-Welt-Aktivisten und alle welche Reisen in kommunistische Länder tätigten. Sie alle galten als "Umstürzler" und gefährlich für die Schweiz. Was man von der GESTAPO und der STASI kannte, das wurde über viele Jahre auch in der Schweiz gehandhabt. Bürgerinnen und Bürger wurden systematisch überwacht. Am 22. Oktober 1989 veröffentlichte die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) ihren Bericht über die Aktivitäten des Staatsschutzes. Der Bericht zeigte nicht zuletzt auf, wie diese oft gar mit Fehlern gespickten Fichen und Dossiers das Schicksal selbst unbescholtener Bürger*innen negativ beeinflusst hatten. 

 

Der Fichenskandal bewegte die Bevölkerung. Ich kann mich erinnern, dass auch ich bei diversen Behörden Akteneinsicht verlangte um zu sehen, was genau da über mein Leben dokumentiert ist. Legendär sind die Akten über Max Frisch und dessen Umgang damit. 

 

35'000 Personen demonstrierten in Bern gegen den Fichenskandal, Intellektuelle boykottierten die 700-Jahre-Feier der Eidgenossenschaft und weit über 300'000 Personen reichten ein Gesuch ein, um die Herausgabe ihrer Fiche zu erreichen. Die Volksinitiative "S.o.S. - Schweiz ohne Schnüffelpolizei" wurde 1998 zwar mit 75.4 Prozent deutlich abgelehnt, aber das Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit zeigte klare Spuren der Fichenaffäre. Dem präventiven Staatsschutz waren lediglich das Sammeln von Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen sowie die Ansprache von Behörden und Personen erlaubt. Dem heimlichen Ausforschen sensibler Personendaten zu prävantiven Zwecken wurde ein Riegel geschoben. Es blieb dem gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren vorbehalten. 

 

Der Terroranschlag vom 11. September 2001 führte zu Forderungen nach mehr Überwachung. 

 

Die Diskussionen über staatliche Überwachung zeigte, dass die Schweizer Bevölkerung und die Politiker*innen Unwillens waren, sich überhaupt Gedanken zu machen, was das richtige Verhältnis von Freiheit und Sicherheit, und dem richtigen Umgang mit der eigenen Privatheit, zum richtigen Verhältnis von Staat und Staatsbüger*in bedeutet. In der Debatte zur Abstimmung über das neue Nachrichtengesetz im Herbst 2016 lautete die oft gehörte Devise "Wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu befürchten". Ähnlich waren die Argumente in der Debatte um die Versicherungsspione. Was in den 80ern noch ein grosser Skandal war, wurde nun offensichtlich aus Angst vor Terrorismus toleriert. Muss der Staat tatsächlich die Möglichkeit haben, sämtlichen Internetverkehr seiner Bürger*innen per Stichwort zu durchsuchen? Braucht die Schweiz die Möglichkeit, per Trojaner in fremde Computersysteme einzudringen? 

 

In Sachen Datenschutz und Privatsphäre scheint die Schweiz ein Entwicklungsland zu sein. 

 

Und wie steht es bei den Schweizer Wahlgesetzen? Transparenzvorschriften für politische Werbung gibt es keine. Gesetze gegen ausländische Einmischung in Wahlen und Abstimmungen gibt es nicht. Die Schweiz scheint mit der Thematik überfordert. 

 

"Wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu befürchten". Wirklich?

 

Sechs Szenarien die aufzeigen wie die Überwachung jeden von uns betreffen kann: 

 

Du als Hilfssherif

 

Du betreibst ein Café mit einem WLAN. Die Polizei verdächtigt einen deiner Stammgäste, mit Drogen zu dealen. Sie zwingt dich deshalb, die gesamte Kommunikation deiner Gäste und Freunde zu überwachen und ihnen davon nichts zu erzählen. Du wirst also zum Denunziantentum gezwungen. 

 

Du hast ein Recht, die Privatsphäre deiner Gäste und Freunde zu achten!

 

Gewollte Sicherheitslücken

 

Du zahlst mit deiner Kreditkarte online. Damit sie mit Staatstrojanern überwachen können, haben Geheimdienste dafür gesorgt, dass es Sicherheitslücken in der Verschlüsselungstechnik gibt. Kriminelle machen sich dies zu Nutzen, schleusen Schadsoftware ein und plündern dein Konto. 

 

Du hast ein Recht auf sichere Verschlüsselung!

 

Gedankenverbrechen

 

Du führst dein digitales Tagebuch mit ganz privaten Gedanken. Du synchronisierst die Notizen mit unterschiedlichen Geräten. Der Geheimdienst durchsucht dabei alles nach Schlüsselworten und wird fündig - und schon giltst du als Gefahr für den Saat!

 

Deine Gedanken sind frei und gehen den Staat nichts an!

 

Deine Bewerbungsdaten in falschen Händen

 

Du bist als Aktivist gegen ein autoritäres Regime im Exil in der Schweiz und triffst dich oft mit Gleichgesinnten. Dein Mobilfunkanbieter muss alle deine Bewegungsdaten sechs Monate speichern. Ein IT-Angestellter des Anbieters wittert ein Geschäft, entwendet und verkauft die Daten an das Regime. Bei deiner nächsten Heimatreise klicken die Handschellen. 

 

Datensparsamkeit bietet Schutz vor Unterdrückung und Erpressung!

 

Die Schweiz im Digitalkrieg

 

Der Nachrichtendienst dringt in ein Netzwerk einer ausländischen Regierung ein und sabotiert dieses. Der fremde Staat lässt sich dies nicht bieten und schlägt zurück. Die verwundbare Stromversorgung fällt in der ganzen Schweiz tagelang aus. Kalte Dusche für dich! Und der wirtschaftliche Schaden geht in die Milliarden. 

 

Der digitale Krieg ist für die Schweiz nicht zu gewinnen!

 

Unser Standortnachteil

 

Daten aus einem kommerziellen Schweizer Datenbunker werden vom Nachrichtendienst heimlich abgegriffen und an einen ausländischen Geheimdienst weitergegeben. Später gelangen pikante Details an die Presse. Dein innovatives Startup der Digitalwirtschaft leidet unter massivem Vertrauensverlust und verliert viele Kunden. Du musst etliche Angestellte entlassen. 

 

Masslose Überwachung ist ein Standortnachteil für Schweizer Unternehmen!

 

Die Überwachungsmassnahmen machen uns alle weniger sicher!

 

In den nächsten vier Jahren werden Themen wie Überwachung von Versicherten der Sozialversicherungen und der Sozialhilfe, elektronische Krankenkassendossiers, eVoting und der Umgang mit Datenschutz wichtige Themen sein. Keine der grossen, im Nationalrat vertretenen Parteien, hat hier eine Kernkompetenz und das Interesse sich zu engagieren. Deshalb braucht es am 20. Oktober den Einzug der Piratenpartei ins Parlament! 

 

#votepirate