Am 5. April nahm ich an einer Podiumsdiskussion zu der Thematik «Die Arbeit der Zukunft» teil. Während mein «Kontrahent» aus der Sicht eines Telekommunikationsunternehmens mit grosser Begeisterung von den Chancen der Digitalisierung sprach, wies ich aus Sicht eines Job Coaches, auf die Hürden und Schwierigkeiten für Menschen ohne digitale Affinität hin. Oft haben meine Klientinnen und Klienten Mühe mit der fortgeschrittenen Digitalisierung und die Entwicklung birgt sicher Chancen, aber eben auch Risiken. Heute wird auch von einer Verkäuferin oder einer Küchenhilfe erwartet, dass sie mit Computer und Smartphone umgehen kann. Es fängt beim Bewerbungsprozess an, viele Unternehmen nehmen die Bewerbungen nur noch über Onlinetools entgegen, aber es geht weiter im beruflichen Alltag, wenn die Einsatzpläne über ein Tool oder eine App kommuniziert werden. Dies nur eines von vielen Beispielen.
Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB kommt in einer Studie zum Schluss, dass die Digitalisierung vor allem Hilfskräfte trifft. So seien schon jetzt 58 Prozent der von Hilfskräften geleisteten Arbeiten theoretisch von Computern und Robotern zu ersetzen. Der Anteil steige rasant; innerhalb der vergangenen drei Jahre um 12 Prozentpunkte. Bei Berufen, für die ein vierjähriges Hochschulstudium erforderlich ist, liege der Anteil der theoretisch von Computern leistbaren Aufgaben lediglich bei 24 Prozent.
Das Unternehmens- und Strategieberatungsunternehmen McKinsey kommt in einer Studie zum Schluss, dass die Digitalisierung bis 2030 zwischen 1,0 und 1,2 Millionen Jobs in der Schweiz kosten wird. Dagegen könnten 0.8 bis 1.0 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen. Gemäss Studie werden die Auswirkungen auf die einzelnen Branchen sehr unterschiedlich ausfallen. Die stärkste Verlagerung von Aktivitäten könnte im Einzel- und Grosshandel, in der Industrie, im Finanzbereich und in der öffentlichen Verwaltung stattfinden – also in Sektoren, auf die rund die Hälfte der Beschäftigten und rund 60 Prozent des Schweizer BIP entfallen.
Duncan MacDonald, Statistiker OECD, meint «Die Digitalisierung verlangt von den Arbeitskräften höhere Qualifikationen und mehr Flexibilität – gleichzeitig steigt die Einkommensungleichheit. Die Regierungen tun gut daran, den Arbeitsmarkt auf diese Herausforderungen vorzubereiten».
Er schreibt: Neue Technologien verändern unsere Gesellschaft. Entsprechend müssen sich die Arbeitskräfte an die Anforderungen anpassen, die mit den rasanten Fortschritten in der Computertechnologie verbunden sind. Dazu gehören beispielsweise die künstliche Intelligenz, die Robotertechnik, das Internet der Dinge sowie Onlineplattformen. All diese Veränderungen haben die Diskussion über eine drohende «technologisch bedingte Arbeitslosigkeit» entfacht: Vernichtet Spitzentechnologie Arbeitsplätze, ohne dass neue Stellen geschaffen werden?
Die Debatte ist nicht neu. In der Vergangenheit haben technologische Veränderungen bislang stets neue Arbeitsformen und zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Zwar löste der Bau von Fabriken während der industriellen Revolution in England Unruhen aus, da dadurch die Arbeitsplätze vieler Weber und anderer Handwerker vernichtet wurden – doch gleichzeitig wurden neue Stellen für Fabrikarbeiter, Buchhalter und Mechaniker geschaffen. Solche Innovationsschübe haben die Arbeit verändert, und die Verbreitung von Robotern und künstlicher Intelligenz wird voraussichtlich den gleichen Effekt haben. Die Siri-Schnittstelle von Apple und die Gameshow-Dominanz der IBM-Software Watson zeugen vom Tempo der Fortschritte der künstlichen Intelligenz.
Die Verbreitung von künstlicher Intelligenz und von anderen Technologien wird sich tiefgreifend auf die Arbeitswelt auswirken. Während der Bedarf an hoch qualifizierten Jobs steigt, sind Routinetätigkeiten in der Produktion und im Büro besonders vom Abbau bedroht. Gut positioniert sind Techniker und Informatiker. Dank Internetplattformen wie Uber oder Mechanical Turk steigt die Flexibilität der Arbeitskräfte. Gleichzeitig nimmt in den OECD-Staaten die Einkommensungleichheit zu. Damit die Beschäftigten diesen Wandel möglichst problemlos bewältigen können, müssen die Regierungen gewährleisten, dass die Arbeitskräfte auf diese Entwicklungen gut vorbereitet sind. Dazu müssen die Staaten die erforderlichen Instrumente und Mechanismen zur Verfügung stellen. Entscheidend sind dabei insbesondere die Kompetenzen, die für die neuen Tätigkeiten benötigt werden.
Der Bundesrat stützt sich in seinem 120 seitigen Bericht vom November 2017 auf Studien der OECD. Alle Studien kommen zum Schluss, dass die Digitalisierung massive Veränderungen in der Arbeitswelt mit sich bringen wird.
Ich rate all meinen Klientinnen und Klienten sich nebst fachlicher Weiterbildung auch in digitalen Themen konstant auf dem neusten Stand zu halten. Sich Neuerungen zu verweigern, kann unweigerlich dazu führen sich beruflich aufs Abstellgleich zu manövrieren.
Verweigerung ist m.E. genauso falsch wie Euphorie. In den nächsten vier Jahren wird die Thematik Digitalisierung uns massiv beschäftigen; wir werden Strategien entwickeln und massiv in Bildung investieren müssen, damit insbesondere Hilfskräfte und schlecht qualifizierte Arbeitnehmende beruflich nicht auf der Strecke bleiben. Gehen wir es an. Der erste Schritt ist, die richtigen Vertreterinnen und Vertreter in Bundeshaus zu wählen.
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