Es geht nicht um die Einschränkung der Glaubens- und Meinungsfreiheit und es geht nicht um Sonderrechte. Detaillierte Informationen in meinem Beitrag.
Am 9. Februar 2020 stimmt die Schweizer Bevölkerung über die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm um die sexuelle Orientierung ab.
Gegen die vom Parlament beschlossene Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm haben die nationalkonservativen Parteien JSVP und EDU das Referendum ergriffen. Parlament und Bundesrat empfehlen ein JA zur Erweiterung.
Um was geht es?
- Angriff auf die Meinungsfreiheit? NEIN!
- Angriff auf die Glaubensfreiheit? NEIN!
- Unnötige Sonderrechte? NEIN!
Die Gegnerinnen und Gegner argumentieren, dass Sonderrechte eingeführt werden, dass die Glaubens- und Meinungsfreiheit eingeschränkt werde. Dies ist klar NICHT der Fall. Detaillierte Informationen auf:
https://jazumschutz.ch/worum-gehts»
Ich erlaube mir einige der Argumente des Kampagnenteams "Ja zum Schutz vor Hass" zu übernehmen:
ANGRIFF AUF DIE MEINUNGSFREIHEIT? NEIN.
Die Meinungsfreiheit wird durch die Erweiterung der Anti-Rassimusstrafnorm keineswegs eingeschränkt. Kontroverse Debatte und kritische Meinungen sind weiterhin möglich.
Strafbar werden soll gemäss Abstimmungsvorlage der öffentliche Aufruf zu Hass und Diskriminierung bzw. die systematische Herabsetzung und Verleumdung von Lesben, Schwulen und Bisexuellen. Was ein Mensch denkt oder auch einmal in seinem Freundeskreis oder am Stammtisch äussert, fällt nicht unter die erweiterte Strafnorm.
In der Verfassung wird nicht nur die Meinungsfreiheit gewährleistet, sondern auch die Menschenwürde. Wer gegen Lesben, Schwule und Bisexuelle hetzt, verletzt damit die Menschenwürde und sät Hass – und Hass ist keine Meinung. Die beiden Grundrechte Meinungsfreiheit und Menschenwürde werden bei einer juristischen Auseinandersetzung gegeneinander abgewogen.
ANGRIFF AUF DIE GLAUBENSFREIHEIT? NEIN.
Die Glaubensfreiheit ist in der Schweiz ein hohes Gut und diese ist weiterhin gewährleistet. Eine Diskussion über die Bedeutung der Bibel oder einzelne Bibelstellen wird nach wie vor möglich sein. Dafür dürfen auch kontroverse Bibelstellen zitiert werden. Ebenso genügen allgemein gehaltene kritische Äusserungen über bestimmte sexuelle Orientierungen nicht für eine Strafverfolgung oder Verurteilung. Strafbar werden jedoch Aufrufe zu Hass und Diskriminierung gegen Lesben, Schwule und Bisexuelle. Doch das hat weder was mit christlicher Nächstenliebe, noch mit Religions- oder Glaubensfreiheit zu tun.
SCHUTZ VOR HASS ALS UNNÖTIGES SONDERRECHT? NEIN.
Mit dem Schutz vor Hass werden keine Sonderrechte für Lesben, Schwule und Bisexuelle geschaffen. Sie sollen lediglich denselben Schutz erhalten, wie er bereits zum Beispiel für jüdische Menschen besteht. Die Aufnahme des Kriteriums sexuelle Orientierung in die Schutznorm entspringt nicht politischen Befindlichkeiten und dient auch nicht politischen Zwecken. Es geht nämlich darum, für gleiche Sachverhalte gleiche rechtliche Verhältnisse zu schaffen.
Der Schutz vor Hass ist ein Mittel, um die Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Bisexuellen mit der gesellschaftlichen Mehrheit zu erreichen.
HEUTIGE GESETZE REICHEN AUS? NEIN.
Wenn eine Person tätlich angegriffen oder persönlich beleidigt wird aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, kann sie sich heute tatsächlich bereits rechtlich wehren – doch dann ist es zu spät. Aufrufe zu Hass und Hetze, die schlussendlich zu diesen Angriffen führen, sind jedoch bis heute unverständlicherweise nicht strafbar. Sobald also nicht gegen eine Einzelperson, sondern eine ganze Gruppe, wie «die Lesben», «die Schwulen» oder «die Bisexuellen» gehetzt wird, reichen die heutigen Gesetze nicht aus.
«SEXUELLE ORIENTIERUNG» IST UNKLAR DEFINIERT? NEIN.
Der Begriff «sexuelle Orientierung» ist durch die Yogyakarta-Prinzipien international anerkannt definiert und ist allgemein gebräuchlich. In diversen kantonalen und kommunalen Gesetzen, sowie in anderen Ländern hat der Begriff auch Eingang gefunden: «Unter sexueller Orientierung versteht man die Fähigkeit eines Menschen, sich emotional und sexuell intensiv zu Personen desselben (homosexuell) oder eines anderen Geschlechts (heterosexuell) oder mehr als eines Geschlechts (bisexuell) hingezogen zu fühlen und vertraute und sexuelle Beziehungen mit Ihnen zu führen.»
Auch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement äusserte sich in einer Medienmitteilung vom 17. Dezember 2019:
Detailliert:
https://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/aktuell/news/2019/2019-12-17.html
Auszug:
"Niemand darf wegen seiner Homo-, Hetero- oder Bisexualität diskriminiert werden: Das gehört zu den von der Bundesverfassung garantierten Grundrechten. Dennoch kommt es regelmässig vor, dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung herabgewürdigt oder ihrer Rechte beraubt werden. Das Parlament hat beschlossen, die sogenannte Anti-Rassismus-Strafnorm zu erweitern, die heute vor Diskriminierung und Hass wegen der Rasse, Ethnie oder Religion schützt. Es hat sie um das Kriterium der sexuellen Orientierung ergänzt. Mit der erweiterten Strafnorm wird der Schutz vor Diskriminierung ausgebaut, ohne die Meinungsfreiheit zu verletzen. Bundesrat und Parlament empfehlen, sie am 9. Februar 2020 anzunehmen".
Das Wichtigste in Kürze:
- Das Parlament hat den Geltungsbereich der Strafnorm zum Verbot der Diskriminierung und des Aufrufs zum Hass erweitert. Die sogenannte Anti-Rassismus-Strafnorm schützt heute vor Diskriminierung und Hass wegen der Rasse, Ethnie oder Religion. Sie wird auf die Diskriminierung wegen Homo-, Hetero- oder Bisexualität ausgedehnt.
- Verboten sind öffentliche Äusserungen oder Handlungen, welche die Menschenwürde einer Person oder Personengruppe der Gesellschaft gefährden.
- Bundesrat und Parlament empfehlen, am 9. Februar 2020 Ja zu stimmen.
Es müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein, damit diskriminierendes Verhalten und Hassreden nach der Strafnorm strafbar sind. Die Äusserungen und Handlungen müssen öffentlich erfolgen. Äusserungen im Familien- oder Freundeskreis, zum Beispiel am Stammtisch, sind nicht verboten.
Gemäss dem Bundesrat und dem Parlament wird die Meinungsäusserungsfreiheit nicht verletzt, denn kontroverse Diskussionen wie zurzeit über die "Ehe für alle" sind weiterhin erlaubt. Es ist weiterhin möglich, religiöse Überzeugungen sowie die eigene Meinung zu äussern, selbst wenn sie kritisch ist. Verboten ist nur, was den Kern der Menschenwürde grob verletzt.
Die Glaubens- und Meinungsfreiheit wird also nicht eingeschränkt. Ein Hauptargument der Gegnerinnen und Gegner. Auch gibt es keine Sonderrechte für Homosexuelle. Der Diskriminierungsschutz gilt für alle sexuelle Orientierungen wie Homo-, Hetero- oder Bisexualität.
Wo greift der Schutz vor Hass? Beispiele des Kampagnenteams "Ja zum Schutz vor Hass":
LESBEN WERDEN ALS KRANK BEZEICHNET
Wenn in Broschüren oder auf einer öffentlichen Facebook-Seite die Haltung verbreitet wird, alle Lesben seien krank und müssten von einem Mann vergewaltigt werden, um auf den «richtigen Weg» zu finden, gibt es heute keine Möglichkeit rechtlich dagegen vorzugehen. Darum braucht es den Schutz vor Hass, denn Hass ist keine Meinung. Gerade lesbische, schwule oder bisexuelle Jugendliche leiden unter solchen Vorstellungen – die Suizidrate dieser Gruppe ist rund fünfmal höher als bei heterosexuellen Jugendlichen.
BISEXUELLE WERDEN NICHT BEDIENT
Wenn ein Restaurant-Betreiber gut sichtbar auf ein Schild vor dem Restaurant schreibt: «Wir bedienen weder bisexuellen Sexmonster, noch homosexuelle Pädo-Grüsel», gibt es heute keine Möglichkeit rechtlich dagegen vorzugehen. Darum braucht es den Schutz vor Hass. Es steht dem Restaurantbetreiber immer noch frei, gewisse Einzelpersonen nicht zu bedienen – egal ob lesbisch, schwul, bi- oder heterosexuell –, aber solche Aussagen verbreiten ein Klima des Hasses und der Diskriminierung.
Ein krasses Beispiel von Hassbotschaft lieferte der Rechtsextreme Florian Signer, Anhänger der Partei National Orientierter Schweizer PNOS. "Warme Warnung - Kritik an Homosexualität" betitelte der Rechtsextreme einen Artikel in der PNOS-Zeitung. Er schrieb, die Homosexualität stehe an einem Scheideweg. Es hätte seines Erachtens den konstruktiven Weg gegeben, dass sich Homosexuelle für ihre Heilung einsetzten. Sie hätten sich der Wissenschaft zur Verfügung stellen können, die erforscht hätte, ob Homosexualität körperlicher Natur (z.B. hormonbedingt) oder geistiger Natur (z.B. Psychosen) sei. Stattdessen hätten Homosexuelle "Rechte" gefordert. Er sprach des weiteren von einer Pseudoreligion. Homosexuelle seinen demografische Deserteure, die auch Missionierung vorantreiben würden. Homosexuelle sollten daher eine "Homo-Steuer" zahlen, damit die traditionellen Familien finanziell gefördert werden könnten.
Mein Beitrag zu dem Artikel der PNOS:
Pink Cross (Schweizer Dachverband der schwulen und bi Männer) reichte eine Sammelklage wegen Ehrverletzung von über 200 Einzelpersonen gegen den Artikel ein. Die Staatsanwaltschaft Appenzell hat ein Verfahren eröffnet und umfangreiche Ermittlungen getätigt. Florian Signer wurde auch zu einer Einvernahme vorgeladen. Allerdings kam es zu keiner Anklage. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts sieht vor, dass wenn sich die Hetze nicht an die Kläger*innen direkt richtet, sondern an die gesamte Gruppe der Homosexuellen, gilt sie nicht als Ehrverletzung. Und genau damit das möglich ist, braucht es das JA zur Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm. Ein Verfahren hätte mit der angepassten Rechtslage bessere Aussichten auf Erfolg.
Kurz zusammengefasst: Niemand darf wegen seiner Homo-, Hetero- oder Bisexualität diskriminiert werden. Es handelt sich also um kein Sonderrecht für Homosexuelle. Die Meinungs- und Glaubensfreiheit bleibt gewahrt!