Impfgegner:innen haben eine österreichische Ärztin mit Drohungen systematisch in den Tod getrieben. Die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr wusste nur noch einen Ausweg, den Suizid. Zwar schliesst die Staatsanwaltschaft ein Fremdverschulden aus, aber es laufen aktuell Ermittlungen der österreichischen und deutschen Strafverfolgungsbehörden gegen Verfasser:innen von Drohbotschaften gegen die Ärztin.
Frau Dr. Kellermayr erhielt über Monate Todesdrohungen und es kam zu Zwischenfällen in ihrer Praxis. Die Ärztin fühlte sich sowohl auf der Strasse wie in der Praxis nicht mehr sicher. Aus dem eigenen Geldbeutel musste sie über 100'000 Euro für Personenschutz einsetzen.
Auf den Telegramkanälen der Coronaleugner:innen und den Impfgegner:innen wurde der Tod der Ärztin als Sieg gefeiert. Es ist ein schockierendes Video aufgetaucht, das zeigt, wie eine Frau die Gedenkstätte für die verstorbene Lisa-Marie Kellermayr am Wiener Stephansdom verwüstet. Mit den Füssen trat sie auf die Kerzen und Blumen und stiess sie beiseite.
Der Fall von Dr. Lisa-Marie Kellermayr ist der wohl prominenteste, aber keinenfalls der einzige. Die Massnahmen-Gegner:innen organisieren sich auf dem Messenger-Dienst Telegram. Während andere soziale Medien die Inhalte mehr oder weniger moderieren, lässt Telegram jegliche Desinformation und Hassbotschaften zu. Auch die Reichweite ist enorm.
Österreichs Justiz und Sicherheitsbehörden sollen als Reaktion auf den Tod der bedrohten Ärtzin stärker für den Kampf gegen Hass im Netz gerüstet werden. Justizministerin Alma Zadic kündigte an, dass sie gemeinsam mit Innenminister Gerhard Karner daran arbeiten werde, jeder Polizeidienststelle und Staatsanwaltschaft die nötigen Ressourcen und Werkzeuge zu geben, um alle Opfer ernst zu nehmen und Täterschaft zeitnah zur Rechenschaft zu ziehen.
In der Schweiz hat sich #NetzCourage (https://www.netzcourage.ch) etabliert. Der Verein setzt sich aktiv gegen digitale Gewalt ein, arbeitet diese auf und unterstützt Betroffene.
Der bayrische Justizminister Eisenreich sieht in der Zunahme von Hate Speech im Netz eine Gefahr für die Demokratie. Ärzt:innen, Politiker:innen und Journalist:innen waren in der Pandemie stark Hass im Netz ausgesetzt. Die Verfahren gegen Hasskriminalität habe denn im 2021 stark zugenommen. Und zwar um 41 Prozent, mehr als 2000 Mal sei im Jahr 2021 ermittelt worden. In 450 Fällen kam es zu Anklagen und häufig auch zu Verurteilungen. Das beurteilt der bayrische Justizminister Georg Eisenreich als Erfolg. Nach den Erfahrungen des Hate-Speech-Beauftragten, Oberstaatsanwalt Klaus Hartleb, habe die Corona-Pandemie als Brandbeschleuniger gewirkt. Vereinzelt hatten Täter:innen auch ein hohes Gewaltpotential. So wurden bei einigen Hausdurchsuchungen auch Waffen gefunden. Viele der Hater:innen hätten einen rechtsextremen Hintergrund. Häufig würden antisemitische oder rassistische Inhalte in Spassbotschaften verpackt. Vor zwei Jahren richtete der bayrische Justizminister den Hate Speeck-Beauftragten für die bayrische Justiz und Sonderdezernate bei allen 22 bayrischen Staatsanwaltschaften für die Bekämpfung von Hass im Internet ein. Seitdem wurden insgesamt fast 4000 Verfahren wegen Hasskriminalität geführt.
Die Situation von Bayern ist exemplarisch, aber in anderen Teilen Deutschlands, in Österreich und der Schweiz dürfte sich eine ähnliche Situation aufzeigen.
Persönlich habe ich mich während der Pandemie mehr oder weniger positiv über die Massnahmen geäussert, hielt auch die Zertifikatspflicht und die Impfkampagne für sinnvoll. Im Herbst 2021 geriet ich dann in die Mühlen der Hass-Maschinerie der Massnahmen-Gegnerschaft. Auf diversen Telegram-Kanälen wurde Stimmung gegen mich gemacht und ich erhielt in der Folge über diverse Kanäle Hassbotschaften und Morddrohungen. Ich habe mich in dieser Zeit doch auch ab und zu nicht mehr wohl gefühlt wenn ich meine Wohnung verlassen habe. Wer ähnliches schon erlebt hat, wird mir sicherlich beistimmen, dass solche Hasskampagnen beängstigend sind.
Ich hatte wie viele andere wohl auch, gehofft, dass der Hass im Netz nach Ende der Massnahmen abnehmen wird, das scheint aber eher nicht der Fall zu sein. Es ist wichtig, wenn Behörde, die Öffentlichkeit und die Medien sensibilisiert sind für die Thematik.